Der Schmetterling und der Maulwurf

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Es war einmal ein kleiner Schmetterling. Fröhlich schwirrte er durch die Luft, von einer Blume zur nächsten. Er liebte seine Freiheit, liebte sein Leben. Eines Tages traf er einen Maulwurf. Die beiden kamen ins Gespräch und der Maulwurf nahm ihn mit zu seiner Familie, seinen Freunden – alles Maulwürfe. Sie lebten in Höhlen und konnten sich nicht vorstellen, dass es ein gutes Leben sei, einfach so durch die Lüfte zu schwirren. Sie rieten dem Schmetterling dringend, sein Leben zu ändern, sich ihnen anzupassen. Er solle sich doch eine Höhle suchen, sie würden ihm auch helfen. Nur so könne er ein normales Leben führen.

Der kleine Schmetterling fühlte sich plötzlich alleine. Er sah all die Maulwürfe, sah, wie sie zusammen lebten. Das Schwirren von Blume zu Blume kam ihm plötzlich falsch vor. Das schien man in dieser Welt nicht zu machen, das schien nicht normal zu sein. Normal war, wie die Maulwürfe lebten. Der Schmetterling wurde ganz betrübt. Was sollte er nur machen? Dann fasste er einen Entschluss: „Das kann ich auch! Ich will nun auch ein normales Leben führen.“

Das Glück war auf seiner Seite. Schon bald fand der Schmetterling eine Höhle, krabbelte rein, denn fliegen war nicht mehr möglich, der Eingang war zu eng. Eigentlich war es ganz angenehm, ein wenig kühl vielleicht, was aber in der Sommerhitze sogar willkommen war.

So lebte der Schmetterling in seiner Höhle, wie es die Maulwürfe auch taten. Tag für Tag krabbelte er raus und rein, beachtete die Blumen nicht mehr, verbot sich selber das Fliegen. Endlich gehörte er dazu, endlich führte er ein normales Leben. Trotzdem war er nicht glücklich. Er begriff es nicht: Er müsste doch glücklich sein, was war bloss los mit ihm? Traurig setzte er sich vor seine Höhle und schaute in die Luft. Da kam ein alter Schmetterling geflogen, sah ihn da sitzen. Er kam näher und fragte den kleinen Schmetterling, was er denn hätte. Dieser erzählte ihm die ganze Geschichte.

Der alte Schmetterling schaute ihn an und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Dann sagte er: „Du bist ein Schmetterling, mein Lieber. Es ist deine Natur, durch die Lüfte und von Blume zu Blume zu fliegen. Es gibt auf dieser Welt ganz viele Maulwürfe und für die ist es normal, in Höhlen zu leben. Das wird nie dein Leben sein. Du bist anders.“

Der kleine Schmetterling schaute den weisen Alten an und wusste plötzlich, dass dieser Recht hatte. Er schüttelte seine Flügel aus, die von der langen Zeit ohne einen Flug etwas eingerostet schienen, und fing erst zögerlich, dann immer wilder zu flattern an. Schon bald erhob er sich in die Luft und flog die erste Blume an. Und plötzlich war wieder alles da: Das ganze Glück, die ganze Freude seines Lebens.

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